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Dietmar
Bockel

geboren 1930
in Jena

verstorben 2019
in Ludwigsburg

Lebenslauf

17.12.1930 Geboren in Jena.
1949 Abitur in Mühlhausen (Thüringen).
Sommer 1949 Schlosserlehre im VEB Möve-Werk in Mühlhausen, um von dort zum eigentlich gewünschten Ingenieursstudium delegiert zu werden.
5.8.1950 Verhaftung durch das MfS wegen Anklebens von Flugblättern mit antikommunistischem Inhalt.
6.8.1950 Transport ins "Weiße Haus" in Weimar.
17.8.1950 Übergabe an das russische MDW. Unterbringung im Weimarer Landesgerichtsgefängnis.
18.3.1951 Gruppenprozess gegen neun Personen ("Gruppe Peters"). Urteil durch ein Sowjetisches Militärtribunal. Die Mitangeklagten Kurt Kramer, Walter Peters, Gertrud Peters und Horst Zschuppe werden zum Tod durch Erschießen verurteilt und am 14. Juni 1951 in Moskau hingerichtet. Verurteilung Dietmar Bockels nach den Artikeln 58-6 ("Spionage"), 58-10 ("antisowjetische Propaganda") und 58-11 ("Gründung einer Untergrundorganisation") des StGB der RSFSR zu 25 Jahren Zwangsarbeit. Transport einige Tage nach der Verurteilung von Weimar über die Stationen Berlin-Lichtenberg, Brest-Litowsk, Gomel, Moskau, Wologda nach Workuta.
Bis Ende 1954 Zwangsarbeit in Workuta, im Kohlenbergbau (29. Schacht/Lager 10).
Juli 1953 Streik in mehreren Kohleschächten in Workuta. Am 1. August 1953 wird eine Ansammlung von ca. 400 - 500 Häftlingen, darunter Dietmar Bockel, Heini Fritsche und weitere Deutsche, von MWD-Truppen zusammengeschossen. Das Ergebnis: 64 Tote, darunter zwei Deutsche, und 123 Leicht- und Schwerverwundete (u.a. Heini Fritsche).
1955 Bis zum Abtransport Anfang Dezember Zwangsarbeit in Rewda bei Swerdlowsk (jetzt: Jekaterinburg) im Fabrik- und Siedlungsbau. Entlassung auf Grund der Intervention durch Bundeskanzler Konrad Adenauer in Moskau.
10.12.1955 Ankunft in Fürstenwalde/Spree (DDR).
15.12.1955 Transport ins Grenzdurchgangslager Friedland (Niedersachsen/BRD).
17.12.1955 25. Geburtstag. Abholung aus Friedland durch Verwandte. „Wieder frei!“
1956 Beginn des Maschinenbau-Studiums an der Universität Stuttgart.
1961 - 1996 Arbeit bei der Daimler Benz AG als Dipl.-Ing.
1994 Rehabilitierung durch die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation der drei überlebenden Mitglieder der "Gruppe Peters" sowie der Hingerichteten.
9.6.2019 Verstorben in Ludwigsburg. Dietmar Bockel hinterlässt seine Ehefrau und zwei Töchter.

Biografisches

"Nach der Verurteilung durch ein Sowjetisches Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit wurde ich noch einmal zu einem Vernehmungsoffizier geholt. Der war sehr jovial, freundlich. Zigaretten, Tee. Er sprach sehr gut deutsch. Bei der Gelegenheit sagte ich ihm, er und ich seien die zwei Menschen auf der Welt, die sicher und genau wüssten, dass ich keine Spionage getrieben habe. Wieso dann ein solch furchtbarer Ablauf!? Er: 'Wenn Sie einen Waggon voller Äpfel haben, dann schauen Sie gelegentlich nach, ob die Äpfel noch gut sind. Finden Sie einen, der fleckig ist, dann werfen sie ihn raus, damit er die anderen nicht ansteckt. Sehen Sie, Sie sind solch ein fleckiger Apfel.'"

Privatarchiv Dietmar Bockel

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