Workuta.de

Biografisches

"Der dritte Gerichtstag, der 6. Dezember 1951, 'Nikolaustag': Einer der Offiziere trägt noch einmal zusammenfassend unsere Verbrechen vor, dann zieht sich das Gericht zur Beratung zurück. Der Auszug des 'hohen Gerichtes' wie sein Wiedereinzug erscheinen uns wie eine spaßige Inszenierung. Dann die Urteilsverkündung: Gedowsky wird zum Tode durch Erschießen verurteilt, ebenso Alfred Gerlach. Der dritte in der Reihe bin ich: Ich höre vom Dolmetscher: 25 Jahre Freiheitsentzug im Arbeitsbesserungslager! Blitzschnell rechne ich: 21 Jahre und 25 Jahre: Mit 46 Jahren soll ich wieder frei sein! In der ersten Verzweiflung würde ich das Todesurteil, den Tod bevorzugen, denn 25 Jahre Freiheitsentzug sind eine sehr lange Zeit.

Wir verabschieden uns, wir müssen befürchten, für immer! Sehr schnell trennt man uns. Ich werde in meine Einzelzelle zurückgebracht, die ich seit dem ersten Verhandlungstag bewohne. Nacht, Tag und folgende Nacht allein in einer Zelle, allein mit einem Urteil, dessen zerstörende Wirkung auf meine Lebensplanung ich trotz Resten von jugendlichem Optimismus nicht verleugnen kann. Schlaf finde ich wenig. Ein Einspruch gegen das Urteil war nicht möglich, letzte Zweifel an der Richtigkeit meiner antikommunistischen Einstellung waren ausgeräumt."

Joram, Gerald: Meine Haftzeit. Memoiren (unveröffentlicht), Gummersbach 2004, S.13.

workuta.de

Drucken

schließen