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Günter
Herrmann

geboren 1931
in Planitz

Lebenslauf

11.1.1931 Geboren in Planitz (heute Zwickau).
Juni 1949 Abitur an der Käthe-Kollwitz-Schule in Zwickau.
Oktober 1949 Immatrikulation an der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig im Fach Chemie.
6.10.1950 Verhaftung durch das "Belter-Gruppe".
9.10.1950 Überstellung an den sowjetischen Geheimdienst in Dresden.
20.1.1951 Verurteilung durch ein Sowjetisches Militärtribunal nach den Artikeln 58-10 und 58-11 des StGB der RSFSR zu 25 Jahren Zwangsarbeit. Danach Deportation nach Workuta. Zwangsarbeit im Kohlenschacht.
August 1953 Transport nach Tapiau (Ostpreußen).
28.12.1953 Entlassung aus dem Lager Fürstenwalde/Spree nach Zwickau (DDR).
9.1.1954 Flucht nach West-Berlin. Immatrikulation an der Freien Universität Berlin im Fach Chemie. Anschließend Wechsel zur Technischen Universität Berlin, um neben Chemie chemische Verfahrenstechnik zu studieren.
30.6.1961 Promotion zum Dr.-Ing.
August 1961 Anstellung bei BASF in Ludwigshafen in der Sparte der petrochemischen Großanlagen.
1983 Ernennung zum Direktor im Produktionsbereich und Mitglied im Vorstand einer englischen BASF-Tochter.
1993 Pensionierung.
1994 Rehabilitierung durch die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation.
Seit 1999 Aufsichtsratsmitglied in einem jungen mittelständigen Unternehmen in Heidelberg.
25.4.2007 Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande für die noch lebenden Mitglieder der "Belter-Gruppe".
  Dr. Günter Herrmann ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Heidelberg.

Biografisches

"Ich war also bei der Stasi gelandet. Da die DDR seit 1949 ein souveräner Staat war, überraschte es mich völlig, dass ich als DDR-Bürger nach drei Tagen dem sowjetischen Geheimdienst (Oktober 1950) übergeben wurde. Ich wollte in der DDR die politischen Verhältnisse verändern und das System demokratischer gestalten. Jetzt saß ich plötzlich im Keller des Heidehofs in der Bautzner Straße in Dresden beim NKWD und musste mich mit dem Vorwurf auseinandersetzen, Antisowjet-Hetze betrieben zu haben.

In der Retrospektive ist es mir immer wieder unverständlich, wie man als zivilisierter Mensch ein Untersuchungsgefängnis, wie das im Heidehof, überstehen kann. Circa 5 Monate lang vegetierte ich in einer Kellerzelle ohne Tageslicht. Fünf Monate lang konnten wir uns nicht richtig waschen, nicht duschen oder rasieren. Haare wurden uns nicht geschnitten, die Kleider zu wechseln war nicht möglich, auch die Unterwäsche nicht. Frauen bekamen während ihrer Periode keine Hilfsmittel. Seine Notdurft machte man in Gegenwart von circa drei bis vier Zellengenossen in einen Eimer. Papier gab es nicht. Der Eimer wurde einmal pro Tag geleert. Legionen von Flöhen piesackten einen Tag und Nacht.

Unter diesen Bedingungen verlor man bald jegliche Würde."

Blecher, Jens / Wiemers, Gerald (Hg.): Studentischer Widerstand an den mitteldeutschen Universitäten 1945 bis 1955. Von der Universität in den GULAG. Studentenschicksale in sowjetischen Straflagern 1945 bis 1955,
3. Aufl. Leipzig (Universitätsverlag) 2010, S. 250.

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